1966, ein Jahr nachdem „Yesterday“ ein Hit wurde, kraxelte John Lennon eine Leiter hinauf. Die Leiter stand in einer Ausstellung in der Indica Galerie in London. Oben an der Decke war ein gerahmtes Stück Papier angebracht. Darauf stand etwas sehr Kleines geschrieben. Und daneben hing eine Lupe. John entzifferte das Wort. Es war das Wort „YES“. Und nur deshalb wollte er die Künstlerin treffen: Yoko Ono. Hätte da oben „No“ gestanden – die beiden wären sich nie begegnet. Das Ja war der Beginn.

Dieses Ja

Trump im Westen, Putin im Osten und Terroristen und Rechtspopulisten im Land – ein nervöses Europa, eine Politik, die sich mehr und mehr von Angst leiten lässt.

Und dennoch oder vielleicht auch deshalb, gibt es Mut, Zuversicht, ein Aufbegehren, eine aufrechte Kraft. Menschen engagieren sich für diejenigen, die zu uns gekommen sind, spielen Kindern Musik vor, begleiten sie zu Behörden, kochen mit ihnen. Flüchtlinge lernen Deutsch und wollen hier studieren, vielleicht, um einmal hier Arzt, Jurist oder Ingenieur zu werden oder später einmal in Aleppo ihr Land wieder aufzubauen. Obwohl ein Leugner des Klimawandels in den USA regiert, obwohl Gas-Pipelines durch die Ostsee gebaut werden, tüfteln Erfinder und Ingenieure an Autos ohne Verbrennungsmotor, an einer Energieversorgung ohne Kohle und Gas, an Lastwagen, die wie Züge mit Oberleitungen fahren. Trotz düsterem Horizont im Osten und Westen gründen junge Leute Familien, probieren Ideen aus, in Start-Ups von Öko-Toiletten, Bambusfahrrädern, Seegrasmatzratzen bis zur Wasserstoff-Elektrolyse. Sie helfen sich. Sie stützen sich. Sie zahlen Steuern. Jeden verdammten Morgen stehen sie auf und sorgen dafür, dass diese Welt etwas besser wird.

Anderthalb Jahre bin ich für die Urwahl kreuz und quer durch Deutschland gereist. Was davon geblieben ist: Ich habe das Ja gesehen! Und ich sehe es täglich hier, in unserem Land, in Schleswig-Holstein.

Ich will, dass wir die Partei sind, die dieses Ja verkörpern! Die den Menschen Stimme und Vertretung geben, die täglich Ja sagen. Und anderen Mut machen, wieder ja zu sagen. Ja zum Land, zum Leben, zur Gesellschaft.

Die Kraft, die dieses Land zusammenführt

Dieses Ja, diesen Mut, dieses Zupacken und dieser Wille zu verändern, das ist das Beste, was eine Gesellschaft trägt, das ist das, was Schleswig Holstein ausmacht.

Und in Schleswig-Holstein sind die Grünen die Kraft, die das Land zusammenführt.

Die vielen, vielen Konflikte, die ich in meinem Ministerium lösen musste und konnte, sie haben mir gezeigt, was Politik, was grüne Politik leisten kann und nach leisten muss: Es sind nicht die sachlichen Erfolge, sondern: Wir führen zusammen, was zuvor unversöhnlich schien und wir machen es so, dass die Gesellschaft insgesamt freier und ökologischer wird, dass sie zusammenhält. Darin beweist sich die Fähigkeit und die Kraft, Lösungen zu finden, die den engen, eigenen Horizont überscheiten. Dies endet nicht an Ressortgrenzen. Es ist unser Angebot für die Politik insgesamt.

In Schleswig-Holstein sind wir die führende linksliberale Kraft.

Rückenwind für unsere Geschichte

Dieses Angebot, diesen Schleswig-Holsteinischen Weg, wollten wir in den Bund tragen. Ich – mit Eurem Seesack und Eurem Votum. Glaubt mir, ich hätte das gern gewonnen. Für Euch. Für uns. Aber es hat nicht ganz gereicht. Und vorgestern und vorvorgestern hat mich das geärgert – haarscharf vorbei.

Aber was die Urwahl gezeigt hat, ist, wie viel Rückenwind unsere Geschichte hat, wie viele sich nach dem sehnen, was wir hier haben. Und ich danke Euch, dass Ihr mich so unterstützt habt, dass ich wir das gemeinsam angegangen sind.

Die Geschlossenheit und Solidarität der Partei, den Anspruch, Politik für alle zu verkörpern – wenn nicht das, was meint grüne Eigenständigkeit dann eigentlich? Wirklichkeit tatsächlich zu gestalten und nicht nur darüber zu reden, und das Ganze in einem Geist von Optimismus, Zugewandtheit und lässiger Lebensfreude zu tun – das war meine Agenda. Es ist unsere Agenda.

Und wenn die Grünen im Bund nun in den Umfragen runter gehen – in Schleswig-Holstein machen wir unser eigenes Ding. Und wir machen es anders. Wir haben bewiesen, dass wir für eine andere Politik stehen. Wir machen eine andere Politik: nahbar, streitbar, auf Augenhöhe mit der Wirklichkeit.  Im Herzen des Landes. Schreiben wir unsere eigene Geschichte fort. Und wenn uns der Bundestrend nicht hilft – drehen wir den Spieß um und helfen dem Bundestrend. Und unseren Kollge*innen in NRW.

Der Zeitplan für die Urwahl und die Landtagswahl machten es unmöglich, dass ich für unsere Liste für die Landtagswahl kandidiere. Daran habe ich mich auch nach den fehlenden 76 Stimmen gehalten. Ein Wort muss gelten. Aber ich will und werde mich einbringen in unseren Wahlkampf mit allem, was ich hab und bin. Und – wenn Ihr das wollt – stehe ich nach einer Wahl auch bereit, nochmals ein Ministeramt zu übernehmen.

Eine tragende Rolle in der schleswig-holsteinischen Politik werde ich ab Mai also nur noch haben, wenn wir Grünen wieder in die Regierung kommen. Aber genau das wollen wir ja und genau das werden wir.

Ich stehe auf keiner Liste. Meine Liste heißt Schleswig-Holstein.

Ich bin hier

Für das Land – unser Land – will ich alles geben, so lange ich darf. Ich bin hier, in Schleswig-Holstein.

Ich erinnere mich noch an spannende und aufgeregte Debatten, als wir 2009 bei einer Klausurtagung der Landtagsfraktion in Leck über die Frage diskutierten, ob wir den Begriff „Heimat“ verwenden können. 2017 schrieb mir eine junge grüne Frau von einer Zugfahrt an der Westküste: „Unsere Heimat ist wunderschön!“

2017 sagen wir Ja zu unserem Land.

Und wie bei John und Yoko – machen wir daraus eine Liebesgeschichte zwischen uns und dem Land.

Partei der Moderne

Gestern, als wir die Liste wählten, hatte Trump gerade sein rassistisches Dekret unterzeichnet. Muslimische Flüchtlinge dürfen trotz Visum nicht mehr in die USA, Studenten aus  dem Iran, Somalia und anderen Ländern dürfen trotz GreenCard nicht mehr an ihre amerikanischen Unis zurückkehren, Arbeitnehmer dürfen nicht mehr an ihren Arbeitsplatz in den USA zurück. Ein rassistisches, illegales Dekret, unterzeichnet am 27. Januar, am Holocaust-Gendenktag. Am Tag der Befreiung von Auschwitz.  In den USA. Dem Land der Unabhängigkeitserklärung. „We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.”

Die Werte der Aufklärung und Moderne werden mit den Füßen getreten, bespuckt. Das ist die Antimoderne pur.  Das ist Rechtsbruch.

Und das verändert die historische Aufgabe der Grünen. Jetzt, wie nie zuvor, stehen wir für diese Werte: Wir stehen für Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit, für Vernunft und Demokratie, für Recht und Erkenntnis. Wir stehen für Mut und Zuversicht. Wir sind eine Partei der Moderne.

Wir sind das JA.

In diesem Sinn, in diesem Geist,

auf in den nächsten Kampf!

Moin, Schleswig-Holstein!

Gestern war gestern.

Oder, um mit Lennon zu schließen: „I don’t believe in yesterday by the way.“

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