In Syrien bombardiert Russland Zivilisten, unterstützt das mörderische Assad-Regime und treibt damit noch mehr Menschen in Flucht, Elend und Tod.
Die EU sucht seit mehr als einem Jahr hilflos nach einer Antwort auf den Krieg und die Flüchtlingskrise.
Die Ukraine-Krise schwelt.
Russland und einige deutsche und europäische Firmen wollen die Erdgaspipeline Nord-Stream in der Ostsee ausbauen und durch zwei zusätzliche Röhrenstränge ihre Kapazität verdoppeln. Wir brauchen ja Energie.
Soweit könnte man es stehen lassen. Lose aneinandergereiht und weiter wie bisher. Was hat Energiepolitik mit Krieg, Flucht, Vertreibung zu tun?
Viel. Wir ermöglichen Russlands Vorgehen über unsere Gas- und Öleinkäufe. Ein großer Teil des russischen Staatshaushaltes und damit auch der Militärausgaben wird über den Export dieser Rohstoffe finanziert. Und dann klagen wir über das Leid und die Schande des Krieges und sagen Russland sei in der Verantwortung. Dabei sind auch wir in der Verantwortung.
Die enge Verflechtung energiepolitischen Beziehungen ist krass und wir können sie so nicht wollen. Mindestens muss der geplante Ausbau der Nord-Stream Pipeline in der Ostsee gestoppt werden. Das hat geopolitische, energiepolitische und klimapolitische Gründe.
Das geopolitische Argument beginnt nicht erst bei Syrien, sondern schon bei der Ukraine. Mit dem Ausbau von Nord-Stream wird mehr Versorgungssicherheit versprochen, weil das unsichere Transitland Ukraine, durch das die Transgas-Pipeline führt, ausgeschaltet wird. Das ist für die Stabilität der Ukraine ein Problem, denn die Transgas-Pipeline ist so etwas wie eine Lebensversicherung für das Land. Putin kann die Lage in der Ukraine nicht komplett eskalieren oder das gasabhängige Land mit überhöhten Preisen in die Knie zwingen, ohne einen Energiekonflikt mit Europa zu riskieren. Deutschland und die EU dürfen das nicht außer Acht lassen. Sie müssen das größte Interesse haben, dass die Lage in der Ukraine sich stabilisiert.
Mit dem Ausbau von Nord-Stream zementieren Deutschland und die EU zudem die Energieabhängigkeit vom System Putin. Dabei müssen die Weichen umgestellt werden: Es bedarf einer Diversifizierung der Energieversorgung. Energie- und klimapolitisch ist der Ausbau von Nord-Stream ohnehin das falsche Pferd. Bis Mitte des Jahrhunderts muss die Gasnutzung auslaufen, wenn man den Klimaschutz ernst nimmt. Für den prognostizierten Verbrauch sind die momentanen Pipelines ausreichend. Neue Gaspipelines zu bauen, ist ungefähr das gleiche, wie neue Kohlekraftwerke einzuweihen.
Energie- und Klimaschutzpolitik lassen sich also nicht von Sicherheitsfragen isolieren. Sie müssen Bestandteil von Außen- und Sicherheitspolitik sein. Energie kann als Waffe dienen, man kann über Energie erpressbar werden, oder man kann versuchen, mehr Energie-Unabhängigkeit zu gewinnen, um politisch unabhängiger zu werden. Wir sollten letzteres tun.