Das Wochenende des vierten Advents war das erst seit den Sommerferien, das ich ganz frei hatte. Der Bundesrat hatte allerdings so lange gedauert, dass ich meine Söhne nicht vom Zug abholen konnte – wie es Wochenlang in meinem Kalender als fester Termin stand. Und für sie kochen konnte ich auch nicht, wie ich es mir vorgenommen hatte. Als ich nach Hause kam, hatten alle Hunger und der Kühlschrank war leer. Noch nicht mal Tiefkühlpizzen im Haus. Das Jahr hat Spuren hinterlassen.
Das Glück der Zwiebelringe
10 min später saßen wir in einem Dönerladen und die Zwiebelringe fielen auf Resopaltische. Was schnöde war, war ein großes Glück. Einfach da zu sein, sich nicht in Pathos und dem schönsten Abend jemals zu überbieten, sondern das Selbstverständliche zu lieben, das machte dieses Wochenende zu dem wahren Fest. Das Einkaufen, als alle noch schliefen, den Abwasch der letzte Tage und Wochen machen, Fegen und den Müll rausbringen, die Katze nicht nur schnell zu füttern, sondern auch zu streicheln. Statt der neuesten Böll-Stiftung-Dossiers oder der Netzausbau-Prognose auch den Sportteil lesen, Laufen ohne auf die Uhr zu gucken. Die kleinen Reparaturen des Alltags nachholen, während im Radio die Bundesliga übertragen wird. Und wenn Robbie Williams „Come undone“, Coldplays „Viva la Vida“ oder James Blunt „Bonfire Heart“ kommt, voll aufdrehen und mitsingen. Anfangs war es ganz schön schwer, nicht alle zehn Minuten aufs Handy zu gucken, nicht drüber nachzudenken, was man jetzt noch alles posten, kommentieren, bloggen kann.
Zwischenzeit
Klar, das ist jetzt irgendwie ironisch, weil dies ja ein Blog ist. Der Punkt ist, dass ich, als ich am Montag auf dem Weg ins Büro meinen Laptop hochfuhr, wie immer das Passwort eingeben musste. Das Passwort meines Laptops war „AufDerReise!“. So war dieses Jahr, gehetzt, unstet, unruhig, kraftzehrend. So ging es mit dem #breitscheid-Platz zuende. Und es steht zu befürchten, dass es immer so weiter geht.
Aber wir müssen ruhig bleiben und stärker werden.
Ich habe das Passwort geändert.
Für die Tage zwischen den Jahren.
Durchatmen, nachdenken, in-sich-horchen, feiern, nicht-mehr-unterwegs-sein: Was immer Euch passiert ist, wie stressig, euphorisierend, tragisch, glücklich oder begeisternd Euer Jahr gewesen ein mag– kommt runter. Das nächste Jahr wird noch anstrengender.
Wie immer die Urwahl ausgeht, wer immer wir Grünen sein werden, was immer an Katastrophen, Krieg und Krisen noch kommen mag, wir werden alle Kraft brauchen, Hoffnung zu wahren, Mut zu schöpfen und bei uns selbst zu bleiben. 2016 müssen wir einordnen. Wir kämpfen und träumen 2017. Und jetzt, ändert Euer Passwort!