Der 1. September – Landtagswahlen

365 Grad Leben

Die zweite Intensiv-Wahlkampfwoche auf dem Weg zu den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. In der Reihenfolge der Stationen: Hoyerswerda, Bautzen, Zittau, Görlitz. Marktplätze, Radtouren, rappelvolle Townhalls. Ein Frauenfrühstück mit den Geschichten der Wendezeit, ein Gespräch mit dem Komitee, das die Bewerbung für Zittau zur Kulturhauptstadt Europas vorbereitet (Chemnitz und Dresden tun das auch). Das Motto, unter dem Zittau antritt, heißt „365 Grad Leben“. Es spielt an auf das Dreiländereck zwischen Tschechien, Polen und Deutschland und auf den alten „Sechs-Städte-Bund“ der Region, eine Art Hanse. Für mich ist dies ein Motto für die Wahlkampfwochen, die solch eine Fahrt und Kraft gewinnen. „365 Grad Leben“ – Optimismus, Kraft, Gestaltungswille – das Leben ist keine Linie, nicht mal nur ein Kreis, es ist ein Schwungrad.

Soldaten und Hebammen

Und dann die Fragen und Meinungen. Eine Frau rückblickend auf 1989: „Ich dachte, mir wachsen Flügel“, ein Professor zur gleichen Zeit: „Das war das Herausreißen der Menschen aus allem Festen und Gewohnten“. Auf einer Townhall werde ich gefragt, ob ich mir eine Welt ohne Werbung vorstellen kann. Die gab es nämlich schon mal. Und dann stellt eine Hebamme mit bebender Stimme fest, dass sie nicht verstehen kann, wie man die kostenlosen Fahrten für Bundeswehrsoldaten, die die neue Verteidigungsministerin durchgesetzt hat, mit ihrer besonderen Leistung für das Gemeinwohl und die Gesellschaft begründen kann. Was sei mit den anderen? Leiste sie etwa weniger für die Gesellschaft? Oder Pflegekräfte oder Erzieherinnen? Tosender Applaus. In der politischen Diskussion in Sachsen und Brandenburg geht es um das Grundsätzliche. Es geht um Anerkennung, Respekt, Teilhabe. Zusammenhalt.

Das Gegebene

Und dann werden wir gefragt, wie wir mit Erinnerungsorten und Daten umgehen. Und wegen dieser Frage schreibe ich diesen Blog. Denn einerseits gibt es fachpolitische Antworten, Paragraphen des Denkmalschutzgesetzes und Förderungen. Es gibt aber eine Antwort, die gar nichts kostet. „Datum“ bedeutet „das Gegebene“. Geschehnisse reichen uns aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Sie sind Fingerzeige. Richtungsweiser. Und ein Datum ist der 1.9. Am 1.9. 1939 begann mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Jetzt findet in zwei ostdeutschen Bundesländern, die an Polen grenzen, am 1.9.2019, also 80 Jahre später, eine Landtagswahl statt.

Wenn ein Datum irgendeine Bedeutung hat, dann diese: Wählen Sie am 1. September keine Partei, die ein unaufgeklärtes Verhältnis hat zu dem Gedankengut, das diesen Krieg auslöste. Wählen Sie bei den Landtagswahlen am 1. September keine Partei, die für Nationalismus, Hass und Menschenfeindlichkeit steht! Und stärken Sie mit Ihrer Stimme die Parteien, die klar sind in ihrer Haltung gegenüber Rechtspopulisten. Es darf keine Zusammenarbeit mit ihnen geben. Sorgen Sie mit Ihrer Stimme dafür, dass Demokratie und Rechtsstaat gewahrt bleiben und der Zusammenhalt Europas wächst.

Letzte Blogartikel

Der Staat, das sind doch wir

In der Wirtschafts- und Finanzpolitik werden gerade prinzipiell unterschiedliche Gesellschaftsvorstellungen sichtbar. Ein kapitaler politischer Bock In Baden-Württemberg macht der neue

Weiterlesen »